Am 26.04.2014 war dieses Jahr Saisonstart. Wir haben uns ordentlich auf unserem Heimatrevier rumgetrieben und schon etliche Kilometer zusammengesegelt.
Heute ist meine große Tochter zu Besuch und möchte unbedingt segeln Die Bedingungen hierfür sind heute nicht schlecht. Leichter Wind, kaum Welle und die Temperaturen halt norddeutsch
Meine Tochter passt in den Trockenanzug von Gabi hinein. Das ist schon einmal sehr gut. Damit hat sie schon ein sicheres Gefühl für den Fall der Kenterung. Meine Tochter ist noch nie auf einem Katamaran gesegelt, daher sind ihr die Abläufe beim Start auch nicht geläufig. Für mich ist es daher wie Einhandsegeln. Wir starten bei drei Windstärken. Das hat für mich den Vorteil, dass ich in der Startphase alles in Ruhe klarieren kann. Als Physiotherapeutin ist meine Tochter sehr sportlich und bewegt sich daher sehr gut auf dem Trampolin. Nachdem wir den Katamaran in das Wasser geschoben haben, geht es auch schon los. Meine Tochter übernimmt die Fockschot und das Mittelschwert. Ich drehe den Kat in den Wind und schon fängt das Großsegel den Wind ein. Schnell auf das Trampolin geklettert.
Schon geht es auf den See hinaus. Es werden das Mittelschwert runter gelassen und im Anschluss die Fock ausgerollt. Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis nur mit Hilfe des Windes sich fortzubewegen. Diese Begeisterung überträgt sich auch auf meine Tochter. Leider wird der Wind immer weniger. Wir sehen zu das wir wieder Richtung Strand kommen. Damit der Tag nicht so langweilig wird plane ich bei diesen Bedingungen einige Übungen. Meine Tochter ist jung und sportlich, daher möchte ich wissen,
ob es ihr gelingt auf unseren Kat zu kommen, wenn sie im Wasser treibt. Dabei kann sie für sich die Erfahrung machen wie sich der Trockenanzug im Wasser verhält.
Ich erzähle meiner Tochter von meiner Idee einige Übungen unter guten Bedingungen zu üben, und sie ist einverstanden. Wichtig bei diesen Übungen ist, dass wir keinen Grund unter den Füßen haben. Gabi und ich sind nicht mehr ganz so gelenkig wie unsere 25 jährige Tochter. Daher haben wir uns einiges überlegt, um nach einer Kenterung wieder an Bord zu kommen.
Vor unserem Strand liegt eine Boje an der wir unsere Katamaran festmachen können. Hier ist das Wasser auch nicht ganz so flach, so dass wir gezwungen sind zu schwimmen. Denn eins ist auch klar: den Katamaransegler haut es immer an der ungünstigsten Stelle um, und unser See hat zum Teil eine Tiefe von 70 Metern, da ist mit stehen nichts.
Was haben wir an Sicherheit an Bord um bei einer Kenterung wieder auf den Kat zu kommen?
Unter normalen Umständen kann man über den Bug und seine Verstrebungen auf den Kat klettern. Das Ganze ist zwar sehr hakelig und hat etwas von einem Bauchtanz, aber es geht. Bei unseren Kat kann man allerdings vor dem Mast ein Gepäcktrampolin spannen. Wenn dieses Trampolin gespannt ist, ist die Option über den Bug auf den Kat zu gelangen nicht mehr gegeben. Über das Heck sollte man keinen Katamaran erklimmen. Man wirkt wie ein Ruder der Katamaran wird Fahrt aufnehmen und mit einem abrauschen.
Daher haben wir an beiden Rümpfen sogenannte Sorgeleinen angebracht. Das sind dickere Leinen, die seitlich von vorn nach achtern recht lose am Rumpf herunterhängen.
Als weitere Maßnahme haben wir auf einer Rumpfseite eine kleine Strickleiter in einer Tasche mit Klettverschluss angebracht. Entscheidend für all diese Überlegungen waren zwei Dinge. Erstens ist man im Trockenanzug mit Trapezhose und Schwimmweste nicht mehr ganz so beweglich.
Zweitens, wenn man keinen Grund unter den Füßen hat kann man sich nicht abstoßen. Man ist gezwungen sich rein über die Armkraft auf das Boot zu ziehen. Dies ist mehr als schwierig zu bewältigen.
Meine Tochter springt über Bord und ist ganz erstaunt, dass sie wie ein Korken schwimmt. Die überschüssige Luft die sich im Trockenanzug befindet wird jetzt durch den Wasserdruck nach oben gedrückt und sammelt sich im Bereich des Oberkörpers. Dies hat zur folge, dass Schwimmbewegungen nur auf dem Rücken möglich sind. Ich springe hinter her und nun kommt die erste Aufgabe an uns beide. Wir werden versuchen auf den Kat zu kommen, ohne die vorher beschriebenen Hilfsmittel zu benutzen. Wir mühen uns redlich aber Keiner schafft es. Wir finden einfach keinen Halt und können uns so auch nicht hochziehen. Meine Tochter ist überrascht und meint zu mir: "So hoch kamen mir die Rümpfe gar nicht vor."
Es ist eben immer alles eine Frage des Blickwinkels.
Nachdem wir beide kläglich an unserer ersten Aufgabe gescheitert, sind kommt Variante zwei zum tragen. Wir wollen das Boot mit Hilfe der Sorgeleinen erklimmen.
Meine Tochter schafft dies recht flott. Ich selbst hingegen bringe mich fast um. Ich bekomme einfach den Fuß nicht in die Leine gestellt, um mich dann nach oben drücken zu können. Irgendwie bin ich mir immer selbst im Weg. Meine Tochter kann sich kaum vor Lachen halten. Naja, einer muss ja auch für die Unterhaltung sorgen. Man bedenke wir haben keinen Wind und keine Wellen und keinen Stress , also optimale Bedingungen. Meine Tochter muss aber auch zugeben, dass auch Variante zwei noch nicht ganz so optimal ist. Nun kommt unser Joker zum Einsatz. Wenn man schwimmt kann man die Tasche mit der Strickleiter erreichen. Den Klettverschluß aufreißen und schon purzeln die Stufen in das Wasser.
Nun kann man bequem einen Fuß in eine der Stufen stellen und sich an Bord drücken. Das ging selbst für mich recht einfach. Meine Tochter meint auch , dass dies die beste Variante war um wieder an Bord zu gelangen.
Ich übe gerne solche Szenarien unter guten Bedingungen, um im Falle eines Falles zumindest annähernd zu wissen was passiert und wie ich reagieren muss. Die Praxis zeigt auch immer wieder bei mir, dass in manchen Situationen das Gehirn nicht rund läuft. Im Nachgang betrachtet stellt man dann fest, dass diese oder jene Aktion völlig daneben war.
Nachdem wir so gut eine Stunde im Wasser geplanscht haben kommt der Wind wieder. Wir können leider nur noch drei Schläge segeln, da aus SW eine mächtige Gewitterfront auftaucht. Da möchte ich nicht reingeraten und somit geht es zurück an den Strand. Obwohl wir heute nicht viel gesegelt sind fanden wir diesen Tag doch gelungen.
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